Placeboeffekte sind positive Veränderungen des Gesundheitszustandes, die durch eine Behandlung mit Placebo hervorgerufen werden. Im verallgemeinernden Sinn bezeichnet man so auch Wirkungen von Behandlungen, die zwar keine Scheinbehandlungen sind, aber den jeweiligen Effekt letztlich nur auf dem gleichen Weg wie ein Placebo hervorrufen können. Das Gegenstück zum Placeboeffekt ist der Nocebo-Effekt. Dies sind unerwünschte Wirkungen, die bei scheinbaren Schadmitteln auftreten, die keinen Schadstoff enthalten (z. B. elektrosensible Reaktion sogar wenn der Mobilfunkmast ausgeschaltet ist).
Die Wirkung von Placebos wird mit psychosozialen Mechanismen erklärt. Auch die teilweise berichtete Wirksamkeit einiger alternativmedizinischer Verfahren wird auf den Placeboeffekt zurückgeführt. Auch bei „herkömmlichen“ Behandlungen sind Wirkungen teilweise mit dem Placeboeffekt erklärbar und teils setzen Ärzte sie sogar gezielt als Placebos ein. Ob und in welchen Anwendungsgebieten es einen Placeboeffekt wirklich gibt, ist jedoch nach wie vor umstritten.
Placeboeffekte sind alle positiven psychischen und körperlichen Reaktionen, die nicht auf die spezifische Wirksamkeit einer Behandlung zurückzuführen sind, sondern auf den psychosozialen Kontext der Behandlung.
Die Placeboantwort beschreibt die individuelle Reaktion auf eine Behandlung, die auf Grund von psychosozialen Faktoren, wie Suggestion/Erwartungshaltung und Konditionierung ausgelöst wird. Ein gut dokumentiertes Beispiel für solche Placeboantworten ist die Genesung von Verhaltensauffälligkeiten oder -störungen durch ein plötzliches (un)erwartetes Ereignis – ein Traum, eine Vision, ein Blitzschlag u. ä. –, das in traditionellen Gesellschaften als „Berufung durch die Geister“ zum Schamanen gedeutet wird.
Der Placeboeffekt hat einen mehr oder weniger großen Anteil an jedem Behandlungserfolg. Auch reine oder ergänzende Placebotherapien werden nicht selten in der klinischen Praxis angewendet. Die Gabe von Placebos zur Behandlung von Beschwerden ist ethisch umstritten. Besonders in der Schmerztherapie können Placeboeffekte die Behandlung stark positiv unterstützen.
Wie wirksam Placeboeffekte bei bestimmten Symptomen sein können, zeigt eine Studie an Patienten mit Reizdarmsyndrom, die drei verschieden intensive Placebobehandlungen erhielten. Die erste Gruppe wurde nur untersucht, die zweite erhielt eine Scheinakupunktur und die letzte Scheinakupunktur in Verbindung mit empathischen, aufmerksamen, vertrauensvollen Gesprächen. In der Gruppe mit Scheinakupunktur besserte sich die Symptomatik signifikant gegenüber der unbehandelten Gruppe und in der Gruppe mit Scheinakupunktur und zusätzlichen Gesprächen war die Besserung der Symptomatik noch einmal signifikant größer als in der Gruppe, die nur mit Scheinakupunktur behandelt wurde.
Der Placeboforscher Bertrand Graz hält die Korrelation zwischen der positiven Erwartungshaltung des Arztes und dem Heilerfolg einer Behandlung für so bedeutsam, dass er für diesen Wirkungsfaktor eine neue Bezeichnung curabo effect (curabo: lat. „ich werde heilen“) anstelle von Placebo (lat. „ich werde gefallen“) vorschlägt.
Der Placeboeffekt ist nach Ansicht einer Anzahl von Wissenschaftlern nicht mit einer Spontanheilung gleichzusetzen, auch wenn vermutet wird, dass bei beiden ähnliche biochemische Prozesse zu beobachten sind. Bei einer Spontanheilung beseitigt der Körper die Krankheit ohne wissentliche Hilfe von außen. Beim Placeboeffekt hingegen werde der Körper durch äußere Einflüsse angeregt, die eine verstärkende Wirkung auf die Heilung haben sollen.
Dieser These steht die entgegengesetzte Meinung entgegen, laut der der Placeboeffekt ausschließlich auf Spontanremission, natürlicher Fluktuation der Symptome und subjektive Beeinflussung der Ergebnisse seitens der Ärzte und Patienten zurückzuführen ist.
Der Placebo-Effekt greift nicht bei jedem Patienten. Einer Studie zufolge sprechen 35 % der Menschen auf die Wirkung einer Placebo-Behandlung an. Dabei spielen weniger die Persönlichkeit, sondern eher psychische Faktoren eine Rolle, die somatische Veränderungen bewirken. Placeboeffekte können durch das Hervorrufen von Erwartungshaltungen oder durch einen konditionierten Reiz ausgelöst werden. Die ausgelösten neuronalen Aktivierungen im Gehirn können den Stoffwechsel beeinflussen und dadurch körperliche Reaktionen bewirken.
Die positive Erwartungshaltung gegenüber einer Behandlung wird von vielen Placeboforschern als wichtigste Voraussetzung für das Auftreten eines Placeboeffektes betrachtet. Die Erwartungshaltung gegenüber der Wirksamkeit einer Behandlung hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören individuell grundsätzliche Einstellungen zu bestimmten Behandlungsmethoden oder Behandlern, generelle Meinungen über die Wirksamkeit und Unwirksamkeit von Behandlungsmethoden oder über die Heilbarkeit einer Krankheit. Zu den Faktoren, die die Erwartungshaltung beeinflussen, gehören auch das Verhalten, der berufliche Status oder der gute Ruf des Behandlers. Ein Behandler, der sich für den Patienten Zeit nimmt, empathisch auf den Patienten eingeht und sich von seiner Behandlung überzeugt zeigt, stärkt die Erwartungshaltung des Patienten.
Des Weiteren haben Behandlungsmodalitäten Einfluss auf die Erwartungshaltung. Invasive Maßnahmen wie Injektionen oder operative Eingriffe wecken eine größere Erwartungshaltung als die orale Verabreichung von Medikamenten, beziehungsweise Placebos. Experimentell konnte 2008 nachgewiesen werden, dass allein der angegebene Preis eines Scheinpräparates die Placebowirkung beeinflusste. Ein angegebener hoher Preis bewirkte dabei einen stärkeren Placeboeffekt als ein geringerer Preis. Erwiesen ist auch, dass Farbe, Größe und Form oral eingenommener Präparate einen Einfluss haben können.
https://de.wikipedia.org/wiki/Placebo